Begegnungen

Mittwoch, 28. Juni 2006

Allez Les Bleus ou quoi?

Ist es jetzt erschreckend oder wunderbar, morgens um viertel nach sieben Spanier beziehungsweise Fans der Fussballnationalmannschaft dieses Landes, die sich als solche zu erkennen geben, schlafend am Bahnhof oder hinter sich in der Schlange beim Kaffee kaufen (dabei die anderen Anstehenden mit Alkoholdunst einlullend) anzutreffen?
Die Situation erscheint doch sehr irreal, besonders angesichts der Tatsache, dass einem selbst das gestrige Spiel schon wieder so weit weg erscheint, bestärkt durch einen Albtraum, Portugal sei gegen Frankreich aus dem Turnier geschieden!
An dieser Stelle Glückwunsch an die Franzosen im Allgemeinen und Frank Ribery im Speziellen, der endlich sein erstes Länderspieltor bejubeln durfte. Bis dato erinnerte seine Chancenauswertung eher an die der Ghanaer im Spiel gegen Brasilien.

Donnerstag, 22. Juni 2006

So schnell

Ich konnte gar nicht so schnell realisieren, was da geschah, als es dann geschah. Er steht bei mir im Vorgarten, schüttelt mir geistesabwesend die Hand und erzählt etwas von auskoffern und Sägen, die eine 300 Millimeter starke Wand schneiden. Nächste Woche hat er Zeit, dann wird er mit der Arbeit beginnen. Seine Stimme passt so gar nicht zu seinem einnehmenden Wesen, das einen allein durch physische Anwesenheit zu erdrücken droht. Statt eines dröhnenden Basses wispert dort ein dünnes Stimmchen, das jeden Moment umzukippen scheint.
Auf einen Kaffee möchte er nicht bleiben. Aber das nächste Mal.

Donnerstag, 1. Juni 2006

Green eyes

Jetzt hatte ich mich gerade an den Gedanken gewöhnt, mein Herz nicht zu verschenken, besonders nicht an einen Mann, der an eine andere Frau gebunden ist.
Gerade jetzt aber lädt genau dieser Mann sich bei mir zum Kaffee an und verursacht durch seine Anwesenheit bei mir ein totales Gefühlschaos und eine gewisse Tristesse ob der Begleitumstände.
Ich gebe die Schuld seinen Augen, die bei den heutigen Lichtverhältnissen betrachtet ein leuchtendes Aquamarin annehmen. Bei unserem nächsten Treffen soll er einfach eine Sonnenbrille tragen. Dann gerate ich auch gar nicht mehr in Versuchung...

Freitag, 26. Mai 2006

Vatertag

Was hat es zu bedeuten, wenn ein Mann, den man nicht einmal 24 Stunden kennt und der eine Freundin hat, sich an Christi Himmelfahrt von seinen Freunden abseilt, um den Abend in netter Atmosphäre für ein manchmal mehr, manchmal weniger geistreiches Gespräch zu nutzen statt bei Dosenbier und Grillfleisch den letzten Rest Verstand zu vernichten?
Ich weiß es nicht, aber ich weiß es zu schätzen.

Donnerstag, 25. Mai 2006

Lichtblick

Als er reinkam, fiel er mir sofort auf. Ein sehr hübsches Gesicht. Jedoch verlor ich ihn aus den Augen. Wenig später traf ich auf einen gemeinsamen Bekannten, in dessen Begleitung er sich befand. Er sprach mich an. Ein bezauberndes Lächeln. Wir vertieften uns ins Gespräch. Polizist sei er. Bei der Bereitschaft. Am Wochenende müsse er meist arbeiten. Für seine Freunde und seinen Sport habe er kaum Zeit. Die Zeit verging, ohne dass ich Notiz davon nahm.
Was ihm als erstes an mir aufgefallen sei, frage ich ihn. Meine Augen, sagt er. Und meine ausgeprägten Wangenknochen. Die findet er sehr weiblich. Er mag schöne Hände- genau wie ich. Er nimmt meine Linke und betrachtet sie eingehend. Ob die Nägel echt seien, fragt er. Natürlich, sage ich. Ich will tanzen, aber er lehnt ab. Dafür brauche ich viel Platz. Den gibt es leider nicht.
Sein Freund steht auf einmal neben ihm. Ich fahre jetzt. Ich erkläre mich bereit, ihn nach Hause zu fahren. So können wir unser angeregtes Gespräch noch für eine Weile fortsetzen. Wir gehen raus, weil die Luft nicht mehr auszuhalten ist.
Er fragt, ob wir aufbrechen wollen. Ich habe nichts dagegen einzuwenden. Keine 500 Meter sind wir gefahren, werden wir von einem Streifenwagen gebeten, anzuhalten. Ich werde nervös. Ich wurde noch nie bei einer Polizeikontrolle angehalten. Es ist mein erstes Mal. Der Polizist an meiner Seite bestärkt mich. Alles wird gut. Den Fahrzeugschein habe ich wie immer nicht dabei. Der kontrollierende Polizist und meiner kennen sich. Großes Gelächter. Die 10 Euro für die Ordnungswidrigkeit erspart er mir. Dafür schuldet Dein Freund Dir jetzt ein Essen. Nichts lieber als das.
Vor seiner Haustür stelle ich den Motor ab. In der Dunkelheit gesellen sich zuerst ein Marder und dann ein Igel zu uns. Er bittet mich um meine Telefonnummer. Ich spekuliere auf einen Kuss. Doch statt dessen bekomme ich einen Schlag in die Magengrube. Ich habe eine Freundin. Das hat gesessen.
Er möchte sich revanchieren und mich auf einen Kaffee einladen. Sehr gern. Ruf einfach an. Er nimmt mich in den Arm und verabschiedet sich. Ich weiß nicht, ob er sich melden wird.
Kaum zu Hause angekommen, eine Textmitteilung. Was machst Du morgen Abend? Ich möchte Dich wiedersehen.

Samstag, 20. Mai 2006

Ein Tag reicht nicht

Er betritt das Lokal. Er ist zu spät. Wir werden einander vorgestellt. Er ist nicht unattraktiv, macht einen sympathischen Eindruck. Wir warten auf das Essen. Ich beobachte ihn ganz offen, während er erzählt. Er versteht es, seine Sätze gekonnt mit pointierten Gesten zu untermalen. Seine Finger sind feingliedrig, geradezu filigran. Prince. Kaum hat er eine ausgedrückt, hat er bereits die nächste entzündet. Das Essen kommt. Mein Teller ist fast leer, sein Essen so gut wie nicht angerührt. Ich glaube, er teilt sich gern mit. So auch beim Essen. Ich höre ihm gern zu. Seine Stimme ist angenehm, der Witz wohl dosiert. Mir war gar nicht aufgefallen, wie schmächtig er ist. Er konzentriert sich aufs Erzählen und aufs Rauchen.
Anschließend gehen wir zu ihm. Wir schauen Sportschau. Es ist rührend, wie sehr er bei jedem Spiel mitfiebert. „Für die Fans ist es am Schlimmsten“, sagt er, ohne sich Mühe zu geben, sein Mitgefühl zu unterdrücken. Der Alkohol hat ihn sentimental gemacht. Er zeigt mir ein Bild seines toten Vaters und ich sehe seine Augen glasig werden. Es fällt mir schwer, etwas Passendes zu sagen. Ich kenne ihn kaum mehr als ein paar Stunden und trotzdem fühle ich mich ihm nah. Ich halte seinem Blick stand. So, als sei nichts geschehen, steht er auf und öffnet zwei weitere Flaschen Bier. „Auf einen wunderbaren Abend!“, sagt er.

so oft

So schnell wie er erschien, war er auch wieder verschwunden. Wohl war er wieder mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Nur für einen Herzschlag trafen sich unsere Blicke. Ich erahnte die Rastlosigkeit mehr als dass ich sie in seinen Augen sah. Ich spüre die Unruhe, die ihn umgibt und die ihn jede Sekunde zu zersprengen droht. Eines Tages wird er sich ihr beugen. Dann wird er sich ihrer nicht länger erwehren. Er wird seinem Herzen folgen und tun, was es ihm befiehlt. Nie mehr wird er auf die Befehle hören, die andere ihm erteilen. Dann wird er fort gehen von hier. Er wird fort sein und wir werden uns nicht mehr begegnen. Es wird keine arrangierten, scheinbar zufälligen Aufeinandertreffen mehr geben. Die Sehnsucht in seinen Augen wird verlöschen und einem Ausdruck des Einklangs von Geist und Körper weichen.
Noch immer schaue ich dem Auto nach, dessen verschwommene Rücklichter längst in der Dämmerung verschwunden sind. Minuten, wenn nicht Stunden müssen verstrichen sein. Mir kommt es vor wie ein einziger Wimpernschlag. Regnet es noch immer? Ich spüre weder die Feuchtigkeit noch die Kälte, die sich einen Weg durch meine Kleidung gebahnt hat und sich wie ein Film auf meinen Körper legt.

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