Dienstag, 31. Oktober 2006

Verkehrsfunk

Ich hatte bereits an anderer Stelle von meinem ersten Auto berichtet. Die einzige Reliquie, die davon übrig blieb, war ein Autoradio, das ich zwar beizeiten als Accessoire geschenkt bekommen hatte, das mit der vorhandenen Monobox jedoch nicht kompatibel war. Daran, weitere Boxen einzubauen, hatte ich damals nicht gedacht. So freute ich mich darauf, in mein zweites Auto, ein Corsa war’s, endlich mein SONY Autoradio samt CD-Player einbauen zu können. Genauer gesagt, einbauen zu lassen.
Ich vertraute mich dafür dem Mann an, für den damals mein Herz schlug. Er hatte es mir angeboten und ich griff gern darauf zurück. Konnte er mir so sein handwerkliches Geschick unter Beweis stellen. Gesagt getan. Das Resultat war leider nicht wünschenswert, denn statt CD konnte ich weiterhin nur Radio hören. Ein Luxus, der mir schon bei Herbie erlaubt war.
Der Mann, für den damals mein Herz schlug, schien also mehr heiße Luft zu spucken als von Autoradios Ahnung zu haben. Also wandte ich mich kurzerhand an meinen guten Freund Günther, Ihr wisst schon, mein jetziger Vermieter mit den unmöglichen Klauseln im Mietvertrag. Günther gab sich zuversichtlich und brachte innerhalb kurzer Zeit, es waren wohl 10 Stunden, CD-Player und Autoradio zum Laufen.
Doch die Freude währte nicht lang: zwei Tage. Es war an einem Montagabend. Ich wollte gerade von der Arbeit nach Hause fahren. Tür auf, rein gesetzt, Schlüssel rein. Alles ganz normal. Motor starten. Moment, was ist das? Graue Rauchschwaden drangen aus der Lüftung in der Mittelkonsole. Gestank Geruch von verbranntem Gummi. Von Panik ergriffen stieg ich aus. Bei lebendigem Leib im Auto zu verbrennen, dazu hatte ich keine Lust. Die Diagnose fiel weniger drastisch aus: Kabelbrand. Na toll, das war es mit dem Hörgenuss. In Zeiten vor iPod und dem ganzen Gedöns nahezu ein Todesurteil.
Die Krux: Günther war gerade vom Bund eingezogen worden und somit die nächsten zwei Monate unabkömmlich. Warum ich mich mit dem Problem nicht an jemand anders wandte, kann ich im Nachhinein gar nicht mehr genau sagen. War halt so.
Zwei Monate später also nahm Günther sich erneut des Problems an. Eine Lösung fand er nicht. Wenigstens brachte er den CD-Player zum Laufen. Das war mir Trost genug. Konnte ich so wenigstens mein Programm weitestgehend selbst bestimmen.
Etwa ein dreiviertel Jahr später, den Gedanken, beim Autofahren Radio hören zu können, hatte ich schon aus meinem Hirn gestrichen, unternahm ich einen Ausflug nach Österreich. Das erste, was mich wunderte, waren die niedrigen Benzinpreise. Was hat Österreich doch gleich für eine Währung? Ach ja, auch Euro. Merkwürdig. Ich erinnere mich noch genau, wie ich nichts Böses ahnend für meine Verhältnisse sehr gemütlich durchs beschauliche Oberösterreich fuhr und den Klängen eines wunderbaren Soundtracks zu einem noch wunderbareren Film lauschte. Plötzlich diese Stimme! Woher kam sie? Aus meinem Kopf?
‚Bitte Vorsicht auf der A1 Oberösterreich, zwischen Wien und Linz, 5 Kilometer stockender Verkehr.’
Nein, das war keine Einbildung! Das war mein Radio! Es war wieder da! Ein Wunder! So froh, endlich wieder über diesen Kommunikationsweg an die Welt angeschlossen zu sein, dudelte fortan alles über den Äther. Ö3, Bayern 3, FFH. Den ganzen Weg bis nach Hause begleiteten mich fröhliche, sinnfreie Radiosendungen. Den ganzen Weg? Denkste! Kaum hatte ich Hessen gen Norden verlassen und fuhr ins schöne niedersächsische Heimatbundesland ein, verließen sie mich. Ich konnte es nicht fassen, aber es war so. Enttäuscht war ich schon. Das wurde auch nicht durch die Tatsache gemildert, dass mein Radio mir gnädig gestimmt war, wenn ich einmal zum Fußball nach NRW fuhr. Da sendete es anstandslos. Nur zwischen Osnabrück und Magdeburg, zwischen Emden und Göttingen, da wollte es einfach nicht. Ich glaube, es hatte eine Allergie gegen das, manche würden es verdorben nennen, liebliche Land Niedersachsen.

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