Erinnerungen

Donnerstag, 1. Juni 2006

I can see clearly now

Es sind milde 25 Grad. Die Luft ist angenehm, nicht zu heiß, nicht zu kalt. Ich habe es mir mit einer Schale Erdbeeren und verschiedenen Erfrischungsgetränken in einer ruhigen Ecke bequem gemacht. Aus der Distanz schaue ich der Collegemannschaft beim Fußballspiel zu. Einige Teenager vertreiben sich die Zeit mit Frisbee. Der South Park ist einer der schönsten Plätze hier in der Stadt.
Zwei Wochen bin ich nun in Großbritannien. Ich lasse die vergangenen Tage Revue passieren. Schon lange habe ich mich nicht mehr so wohl gefühlt. Fernab allen Alltags und aller Verpflichtungen, umgeben von lauter neuen Gesichtern, jeden Tag neue Situationen, denen ich ausgesetzt bin. Es ist eine wunderbare Zeit. Die Stadt sprudelt vor Energie, die Menschen strahlen eine Freundlichkeit aus, wie ich sie lange nicht erlebt habe. In diesem Moment könnte nichts meine Zufriedenheit trüben. Ich fühle mich rundherum wohl. Wann ist einem im Leben schon einmal so viel Glück beschert?
Es gibt so viel Neues zu entdecken und ich habe das kommende halbe Jahr dafür Zeit.

Sonntag, 21. Mai 2006

Ein Tag in der Dunkelheit

Es gibt Tage, an denen man sich fragt, was das ganze Theater überhaupt soll. An diesen Tagen fragt man sich, warum man sich jeden Morgen aufs Neue der Welt aussetzt. An diesen Tagen beschleicht einen das Gefühl, nichts wolle so funktionieren, wie man es sich vorstellt. Man fällt in ein tiefes Loch und weiß nicht, ob sich je ein Ast über die kleine Öffnung wölben wird, an dem man sich festhalten kann und sich selbst aus der Dunkelheit befreien kann.
Erst letzte Woche war so ein Tag. Ich kehrte nach einem Wochenende in meiner Lieblingsstadt zurück und hatte urplötzlich das Gefühl, nichts sei so wie zuvor. Ich fühlte mich wie gefesselt, so, als schnüre mir meine gewohnte Umgebung die Luft zum Atmen ab. Nichts vermochte meine trübe Miene zu erheitern. An nichts fand ich mehr Freude. Nicht am Lesen, nicht an Musik, nicht einmal an der Kommunikation mit meinen Mitmenschen. Ich wollte nur noch raus. Raus aus dem Alltag, fort. Irgendwo hin, wo mich niemand kennt und wo ich allein sein kann mit mir und meinem Trübsal.
Eine erneute Absage war an diesem Tag in meinem Postfach gelandet. „Sehr geehrte Frau S., nach eingehender Prüfung Ihrer Unterlagen mussten wir feststellen, dass Sie mit Ihren Qualifikationen für keine Stelle in unserem Hause geeignet sind...“ Bla bla bla. Ich kann es nicht mehr sehen. Diese Phrasendrescherei und Schönfärberei, mit der die Personalabteilungen dieser Welt versuchen, den armen Trotteln auf der Strasse zu verklickern, dass sie schlichtweg für keine Arbeit zu gebrauchen sind.
All das kam an diesem Tag zusammen. Die triste Wetterlage, die ihren Eigenschaften zufolge eher dem April als dem Mai zuzutrauen war, tat ihr Übriges. Gibt es denn nichts auf dieser Welt, für das es sich weiterzumachen lohnt?
An diesem Tag jedenfalls gab es das für mich nicht. Ich verkroch mich in meinen vier Wänden, sperrte die Welt aus und herrschte jeden, der das Wort an mich richtete, an, dass ich mich im Nachhinein sofort entschuldigte. Ich hätte dankbar sein sollen, dass es Menschen gibt, die für mich da sind. Statt dessen trat ich ihre Freundschaft mit Füßen.
War es vielleicht eine Hand, die sich statt des Astes in das Loch hinab begab, um mir heraus zu helfen? Nein. Es war das Resultat stundenlangen Nachdenkens und der Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich zu grämen statt das Leben positiv zu betrachten. Also spuckte ich kräftig in die Hände, stellte mich der Herausforderung und stemmte mich mit aller Kraft aus der Dunkelheit. Aus der Retrospektive war es nicht einmal alle Kraft, sondern seine leichte Übung.

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