Ein Amerikaner in England

Zum ersten Mal begegnet sind wir uns in einem Meeting. Ich hielt ihn für einen Landsmann angesichts seines deutsch anmutenden Namens. Sobald er aber den Mund aufmachte, war mir klar, dass er Amerikaner war. Groß gewachsen, breite Schultern, strahlend weiße Zähne. Mir gefiel seine sympathische Ausstrahlung, wenngleich er ein wenig ernst erschien.
Dass dem nicht so war, merkte ich spätestens in der darauffolgenden Woche, als wir uns zum so called socialising in einem Pub trafen. Daniel blühte richtig auf. Er witzelte, schlug seinem Gesprächspartner nach einem Spaß auf die Schulter und versprühte eine unglaublich lebhafte Energie.
Da wir gezwungen waren, sehr eng zusammen zu arbeiten, entwickelte sich zwischen uns eine Freundschaft. Ja, so kann man es nennen. Wir entdeckten unsere gemeinsame Vorliebe für Musik und gingen regelmäßig zu Konzerten und Gigs lokaler Bands. An den Wochenenden fuhren wir nach London. Dabei entdeckten wir die Londoner Gastronomie für uns. Allzu oft gingen wir in eine Sushi Bar am Hanover Square unweit der Oxford Street. Weil er nur eine Straße weiter wohnte, fuhren wir alltäglich zusammen ins Werk. An den Wochenenden frühstückten wir gemeinsam im Büro Whopper und Milchshakes.
Je länger wir uns kannten und je näher das Ende des Projektes rückte, desto öfter trafen wir uns auch außerhalb der Arbeit. Nach ein paar Bier mit unserem gemeinsamen Chef traten wir zusammen den Heimweg an. Er lud mich ein, noch einen Scheidebecher bei ihm zu trinken. So stand ich das erste Mal in seiner Küche und er zeigte mir Bilder von seinem Haus, seinen Eltern, seinen Geschwistern. Ich wusste, wie sehr er das alles vermisste. Bis auf die Sprache war für ihn in diesem Land alles genauso fremd und anders wie für mich. Ich sah in seine von langen Wimpern umrahmten, braunen Knopfaugen, in die ich schon so oft gesehen hatte. Bevor ich realisierte, was geschah, küsste er mich. Er küsste mich obwohl er genau wusste, dass sich in wenigen Tagen unsere Wege vielleicht für immer trennen würden. Ich wehrte mich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich genoss die Vertrautheit zwischen uns.
Als wir ein paar Tage später Abschied nahmen, scherzte er wie üblich.
‘Try to stay out of trouble, Trouble.’
Trouble. So nannte er mich. Ich erinnere mich nicht, dass er je meinen richtigen Namen benutzt hätte. Seine Augen waren glasig. Das letzte, was ich wahrnahm bevor er sich zum Gehen wandte.
Ich habe ihn nie wieder gesehen. Noch nicht.
Chaot35 - 13. Sep, 13:34

trouble. der name ist wohl programm was?:-)

madamesauvage - 13. Sep, 13:43

Zu der Zeit war das auf jeden Fall so. Ob es noch so ist, mögen die anderen beurteilen. Aber lieber 'trouble' als z.B. 'laaaaangweilig'.
Chaot35 - 13. Sep, 13:57

puh, da kann man glaub ich mehr drüber schreiben als nur zwei drei sätze....
madamesauvage - 13. Sep, 14:05

Kommt gleich.
Chaot35 - 13. Sep, 14:06

da würde ich vorsichtig mit sein....
madamesauvage - 13. Sep, 14:16

Jetzt is zu spät.
Chaot35 - 13. Sep, 14:17

nun ja, ich muss auch keine wilde frau bändigen...
madamesauvage - 13. Sep, 14:24

Das würde Dir bei mir auch gar nicht gelingen.
Chaot35 - 13. Sep, 15:19

das ist im vergleich zum "Sportschau-Braten" auch uninteressant....
Chinaski - 13. Sep, 15:22

Ich kenne viele troubles die waren absolut langweilig und ich kenne langweiler die ständig trouble machten! So wie verbleiben wir jetzt?!
madamesauvage - 13. Sep, 15:26

Auf mich trifft weder das eine noch das andere zu.
Ich warte noch immer auf Nachricht von Dir. So verbleiben wir! Und demnächst dann mal zum Heimspiel von Darmstadt 98.
madamesauvage - 13. Sep, 15:27

@Chaot: oh, der Sportschau-Braten... Das wird großes Tennis!
Chaot35 - 13. Sep, 15:36

dann ist die welt ja in ordnung und ich zufrieden
Chinaski - 13. Sep, 18:44

Die 98er sind mir zu asozial. Ich unterstütze sie nur wenn sie gegen nicht hessische Mannschaften antreten müssen, ansonsten ist so ein Spiel von 98 für einen neutralen Zuschauer der auch noch südländisch angehaucht ist, kein leckerbissen! Das andere liesse sich einrichten. Nur Hank müsste anfangen die Sache erstmal halbwegs ernst zu nehmen...das ist bei mir meistens das schwierigste lol
madamesauvage - 13. Sep, 18:57

Ah, wieder was gelernt. Da sollte ich mich wohl lieber auch nicht bei einem Heimspiel blicken lassen. Angenommen zumindest, der Frauenbonus zieht nicht. Ich hatte mir einfach nur eine von den von Dir genannten Mannschaften rausgepickt.
Ernst lass mal lieber aus dem Spiel. Auf den bin ich nicht gut zu sprechen.
Chinaski - 13. Sep, 19:02

Wenn der Ernst nicht dabei ist läuft das gaze Spiel flüssiger, homogener, interessanter, schöner, erfrischender... das wusste ich schon immer, ich weiss nicht warum einige Trainer ihn überhaupt noch aufstellen.
madamesauvage - 13. Sep, 19:07

...entspannter, weniger gestresst, unverbindlicher, sorgloser. Ja, ich weiß, was Du meinst.

Schöne Metapher übrigens!

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