Dienstag, 25. Juli 2006

Beware of the Friseur

Soweit ich mich zurück erinnere und seitdem ich ein modisches Bewusstsein für meine Haarpracht an den Tag lege (sagen wir, seit meinem 6. Lebensjahr) gehe ich zu ein und derselben Friseuse.
Nach einem Unglück beim Real-Markt-Friseur, in dessen Hände meine Mutter mich seinerzeit unvorsichtigerweise gegeben hatte und der mich von meinen engelsgleichen Locken befreite und das wallende Kinderhaar durch eine an Körperverletzung grenzende Vokuhila ersetzte, suche ich die Friseurin meines Vertrauens auf. Ihr Salon ist eine halbe Tagesreise (so kam es mir als Kind zumindest vor) von meinem Wohnort entfernt und in noch tieferer Wildnis versteckt. Fazit: keine öffentlichen Verkehrsmittel, stets Sammelbesuche beim Friseur (um unnötige Fahrten zu vermeiden) und verständnislose Blicke von Bekannten, warum man denn nicht einen der unzähligen Haarschneider in der näheren Umgebung aufsuche.
Ganz einfach: diese Dame versteht ihr Handwerk, meine Mutter brachte mich auf sie, meine Mutter wiederum kam durch ihre Schwester zu ihr und jede weibliche Verwandte, die ich habe, lässt sich inzwischen von ihr die Haare waschen, schneiden, fönen.
Resultat: meine Friseurin kennt meine Lebensgeschichte. Sie kennt alle Irrungen, Wirrungen, die sich um mich und meine Familie ranken, manches Mal sogar erfahre ich von ihr Dinge über meine Nächsten, von denen ich bis zu dem Zeitpunkt nicht einmal etwas ahnte. Der Spruch, ich hätte keinen Friseur, dem ich meine Probleme erzählen könne, trifft bei mir absolut nicht zu.
Aber nicht das persönliche Verhältnis, das wir pflegen, ist der Grund, warum ich nach wie vor die strapaziöse Reise zu ihr aufnehme, sondern die Tatsache, dass sie mir jedes Mal so die Haare schneidet, wie ich es möchte. Sie hat noch jede Eskapade mitgemacht. Gut, bei mir beschränkt sich das auf Schnitte zwischen raspelkurz und ellenlang, aber auch das ist eine ganz schöne Brandbreite. Immer fühlte ich mich wie neu geboren, wenn ich im Auto nach Hause saß und statt auf die Fahrbahn nur in den Rückspiegel schaute.

Irgendwann aber, es war vor fast genau zwei Jahren, packte mich der Schalk im Nacken. Verrückte Ideen hatte ich schon viele (blaue Haare, grüne Haare, Undercut [so hieß das damals, sah aber auch schon immer scheiße aus]), in die Tat hatte ich keine davon umgesetzt. Vor zwei Jahren also befand ich mich in Leipzig, fernab meiner vergötterten Friseuse. Was ich wollte? Eine Dauerwelle! Eine ganz ganz tolle, die mein (ohnehin schon) voluminöses Haar noch voluminöser aussehen lassen sollte. Mein Haar reichte inzwischen bis zur Hälfte des Rückens und ich erhoffte, durch das Einkringeln nicht zu viel an Länge einzubüßen.
Statt sorgfältig einen vertrauenserweckenden Salon auszuwählen, entschied ich mich für den nächstgelegenen. "So viel kann man doch da nicht falsch machen", das dachte ich mir in meinem jugendlichen Leichtsinn.
Ich beschrieb der Dame mit großzügigen Bewegungen die Größe der Locken, die ich mir vorstellte. Sie sollten in etwa denen von Farah Fawcett zu Zeiten von Charly's Angels entsprechen. Sie nickte wissend und begann, die einzelnen Strähnen aufzuwickeln. Dass sie Wickler von der Größe meines kleinen Fingers wählte, störte mich nicht weiter. "Die Dame wird schon wissen, was sie tut", dachte ich mir in meinem jugendlichen Leichtsinn. Als ich nach dem Ausdrehen aussah wie Atze Schröders kleine Schwester, hatte ich die Hoffnung noch immer nicht verloren und hoffte auf das Fönen. "Das wird schon", dachte ich mir in meinem jugendlichen Leichtsinn.
Das Fatale: es wurde nicht. Ich sah aus wie Pudel, der zu lange die Zunge in die Steckdose gesteckt hatte und auch ein Zopfgummi schaffte kaum Abhilfe. Mit Zopf sah ich aus als hätte ich einen Wasserkopf.
Ich zahlte kommentarlos (ein Vermögen!) und ging stumm nach Hause, darauf konzentriert, mir einzureden, dass es schon nicht so schlimm sei. Nach dem Waschen würde es schon besser werden.
Zu Hause angekommen aber brach es aus mir heraus. Ich bekam einen regelrechten Weinkrampf, wie ich ihn seit der Trennung von meiner ersten Liebe nicht mehr erlebt hatte. Und was waren die Folgen? Es wurde nicht besser: mehr als anderthalb Jahre tagtägliches einmassieren von Pflegebalsam (ich kenne ALLE Haarglättungspräparate) bürsten, fönen, zu viel Haar, das ich lassen musste und die schreckliche Gewissheit, einen Fehler so lang büßen zu müssen.
Also bitte: Stete Vorsicht sei geboten bei der Wahl des Haarschneiders!

Ganz ganz schlechter Tag

Was ist heute eigentlich los?
Erst fahre ich in die Uni, um festzustellen, dass gar keine Vorlesung stattfindet, weil kurzfristig verschoben, dann warte ich 60 min (!!!) auf meinen Zug, der aufgrund "betriebsbedingter Störungen" (was ist da passiert? Hat der Zugführer einen über den Durst getrunken oder sich gleich vor sein Fahrzeug geworfen ob der Erkenntnis, was für einen tollen Arbeitgeber er hat?) Verspätung hat, dann suche ich verzweifelt und erfolglos Probanden für eine Umfrage, aber niemand, wirklich niemand passt in die Quote und schließlich breche ich mir fast den linken Zeigefinger (meinen guten, wohlbemerkt) bei dem Versuch, einen Tetrapakplastikdrehverschluss zu öffnen.
Liegt es an mir oder kann ich auf Besserung hoffen, wenn ich den Tag an dieser Stelle beende und mich einfach sofort schlafen lege?

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