ICE 77

Eine Fahrt mit dem ICE von Hannover in Richtung Zürich am Sonntag Mittag macht die Entscheidung für ein Auto und gegen die Fortsetzung des Bahnfahrens um einiges leichter.
Nicht einmal die erschreckenden Benzinpreise noch die Vorstellung eines 50 Kilometer langen Staus auf der A7 am letzten Tag der Sommerferien bei einer gefühlten Temperatur von 45°C in Ermangelung einer Klimaanlage wiegen schwerer als das Erlebnis dieser Zugfahrt, die eher einem Viehtransport denn einer Reise gleicht, für die man weit über 100 Euro bezahlt.
Warum kann man für weniger Geld die schönsten Metropolen Europas inklusive Kleingebäck und Heißgetränk bereisen und warum muss man hier der Gefahr ausgesetzt werden, bei Tempo 210 in einer scharfen Linkskurve mangels Sitzplatz seinem Leidensgenossen dem benachbarten Fahrgast näher zu kommen als es einem lieb ist? Es ist schon eine grenzwertige, gar unnötige Erfahrung, die man da macht.
Die Luft ist erfüllt von verschiedenen Gerüchen, die von menschlichen Ausdünstungen aufgrund ausbleibender Desodorierung über den beißenden Gestank der Toilettenchemikalie bis hin zu dem akzeptablem Duft markanten After Shaves riechen reichen.
Gleichzeitig mischen sich verschiedene Dialekte zu einem Stimmengewirr, das mich daran zweifeln lässt, dass die Besitzer dieser Stimmen aus dem selben Land stammen wie ich. Ich ziehe es vor, statt auf Konversation mit mir unbekannten Mitreisenden (die allzu oft in ermüdendem Small Talk endet) auf meine eigene Welt zu setzen, die determiniert wird von einem Van Veeteren, der sich der Aufklärung eines Mordes, zurückführend auf Inzest, widmet und den musikalischen Ergüssen von Johnny Cash, Maximo Park, Avenged Sevenfold und anderen, die mich das augenblickliche Dilemma für einen Moment vergessen lässt.

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