Dänemark III

Die Aufzeichnungen meines Rendez-Vous mit der Kloschüssel sorgten auch in den nächsten Tagen für Erheiterung. Während ich mich hinter einer spanischen Wand meinem Delirium hingab und versuchte, dem Alkohol möglichst wenig Chancen zu geben, sich meines Körpers zu bemächtigen und fiese Spielchen mit ihm zu spielen, versammelte sich tagtäglich ein Mob von frisch gebackenen Abiturienten bei uns auf der Bude und lachte sich angesichts der traurigen Gestalt da auf dem Bildschirm echt kaputt. Nicht nur, dass mir der Krach das Schlafen erschwerte, nein, ich hörte auch immer wieder mein eigenes Geseier und Gebrabbel aus dem Fernseher. Das war die viel schlimmere Tortur.
Aber auch der schlimmste Kater verzieht sich irgendwann und so war ich bereit zu neuen Schandtaten. Dieses Mal hatte ich einen superguten Plan: statt mich mit der ollen Glasflasche abzuschleppen, füllte ich den Jägermeister kurzerhand in eine Cola-Flasche und zog damit los. Mmhh, der Jägermeister schmeckte schon wieder! Am Strand spielten ein paar Jungs Fußball. Als diese geendet hatten, kamen sie direkt auf uns zu. "Oh geil, Du hast Cola. Ich hab echt voll Brand." Sprach's und riss mir die Flasche aus der Hand. So schnell konnte ich nicht reagieren und sah mit an, wie er -gluck gluck gluck- drei kräftige Züge aus der Pulle nahm bevor er heftigst anfing zu husten und mich ansah als wollte ich ihn gerade vergiften. "Das", röchel, "ist ja gar keine Cola! Was ist da drin?! Jägermeister-Cola?!" "Nö, Jägermeister pur!" Grisu (so nannten wir ihn, weil er bei der Feuerwehr war. Aber anscheinend hatte er das Löschen noch nicht richtig gelernt) war den Abend nicht mehr zu sehen.
Es schien, als hätte ich meine Lektion vom Vorvortag gelernt. Nicht mehr so hektisch trinken, dann erlebt man auch keinen Totalausfall. So nippte ich immer fleißig an meiner Cola-Flasche und teilte mir die Rationen ein. Etwas verwundert war ich als ich am Strand auf eine Gruppe Leute stieß, die samt und sonders keine Haare mehr hatten. Ein Kollektiv neonazistisch Angehauchter? Nein. Aber Alkohol lässt einen komische Sachen machen. So hatten sich diese Herren einfach mal per Nassrasur gegenseitig vom Haupthaar befreit. Dass ich meinen späteren Freund hier kennen lernte, weiß ich noch. Dass aber auch er eine Glatze trug, ist mir irgendwie entfallen. Unser Glück, sonst wäre das nichts mit uns geworden.
Aber zurück zu meinem Zustand. So ganz konnte das mit Nippen mich aber auch nicht vom Besoffenwerden abhalten (warum auch? Das war ja gerade das Ziel, Du Schmock!). Irgendwann, es war schon dunkel, fand ich mich in einer Düne wieder. Ich wusste, dass weit und breit niemand war, ich aber auch nicht dort bleiben konnte. Bewegen konnte ich mich nicht. Sprechen konnte ich auch nicht. So fand ich mich schon mit meinem Schicksal ab, dort oben einen einsamen, aber zufriedenen Tod zu sterben. Aber das Schicksal hatte etwas anderes für mich vorgesehen. Er schickte mir einen Engel in Form eines guten, alten Bekannten. Es war der Typ, der mich viele Jahre zuvor kusstechnisch entjungfert hatte. Er nahm mich an der Hand und versprach mir, mich in mein Bett zu bringen. Das erwies sich aber schwieriger als gedacht. FanØ hat traumhaft feinen Sandstrand. Dieser ist jedoch nicht gerade hilfreich, wenn man nicht mehr Herr seiner Sinne ist und keine Macht mehr über seinen Körper hat. Da kann einen noch der beste Küsser an der Hand halten. So hatte Jan seine liebe Mühe mit mir. Zwei Schritte, plumps, einmal hingefallen, zwei Schritte, plumps, einmal hingefallen. So ging das den lieben, langen Weg in mein Appartement.
Ich weiß nicht, ob er nicht doch unedle Absichten hegte als er mich dort hinter der Düne auflas. Aber selbst wenn, so konnte er diese Absichten nicht in die Tat umsetzen, denn mit mir war so gar nichts mehr anzufangen.

Fortsetzung folgt...

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